Jungparteien sind sich zum Thema Stimmrechtsalter 16 nicht einig
Der Nationalrat sagt Ja zum Stimmrechtsalter 16. Widerstand gab es vor allem aus bürgerlichen Kreisen. Das ist auch bei den Jungparteien nicht anders.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat hat sich am Mittwoch erneut für das Stimmrechtsalter 16 ausgesprochen.
- Die bürgerlichen Jungparteien unterstützen das Anliegen jedoch nicht.
- Die Junge Mitte und die linken Jungparteien hingegen kämpfen dafür.
Vor dreissig Jahren hat die Schweiz das Stimmrechtsalter auf 18 gesenkt. Das reicht aber vielen nicht: Die Forderung, das Alter des passiven Stimmrechts von 18 auf 16 zu senken, kommt immer wieder.
Im Kanton Glarus ist sie 2007 durchgekommen; 2020 hat der Kanton Neuenburg sie an der Urne abgelehnt, ein Jahr später der Kanton Uri ebenfalls. Jetzt soll sie aber auf nationaler Ebene durchgesetzt werden.
Links-rechts-Spaltung, auch bei den Jungen
Die Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan hat vor drei Jahren eine entsprechende parlamentarische Initiative eingereicht. Am Mittwoch hat der Nationalrat ihr zugestimmt und sie zurück in die entsprechende Kommission geschickt. Es soll eine Vorlage ausgearbeitet werden.
Die Gegnerschaft des Anliegens ist aber fast so gross wie das befürwortende Lager: 99 Nationalratsmitglieder stimmten in der grossen Kammer für, 90 gegen die Initiative. Sogar die Jungparteien, welche ja die Zielgruppe vertreten, sind zwiegespalten.
Der Graben verläuft ziemlich klar auf der links-rechts-Linie. Auf der einen Seite stellen sich JSVP und Jungfreisinn gegen das Stimmrechtsalter 16. Auf der anderen unterstützen die Jungen Grünen, die Junge Mitte, die JGLP und die Juso die Forderung.
Steuer-Argument zieht nicht
Im Nationalrat wurde unter anderem über Steuerfragen und die Legitimität von jugendlichen Meinungen dazu debattiert. Weil 16- und 17-Jährige keine Steuern zahlen, ergebe es auch keinen Sinn, sie über solche Vorlagen abstimmen zu lassen; sagte beispielsweise SVP-Nationalrat Thomas Matter (ZH).
«Das Argument ist absurd», entgegnet Julia Küng, Präsidentin der Jungen Grünen, gegenüber Nau.ch. Steuerfragen entschieden stark über die Vermögensverteilung in der Gesellschaft, deswegen gingen diese Fragen Jugendliche sehr wohl etwas an.
Zudem sehe Küng eine Doppelmoral, wenn nur jene abstimmen könnten, die von den Vorlagen unmittelbar betroffen seien: «Dann müssten auch Menschen ohne Schweizer Pass mitbestimmen dürfen.»
«Ich stimme den Argument, die auf die Betroffenheit abzielen, nicht zu», sagt auch Jungfreisinn-Präsident Matthias Müller. Trotzdem brauche es eine allgemeine Altersgrenze, die Festlegung ebendieser müsse «gut begründbar und in sich schlüssig sein».
«Natürlich ist die Mündigkeit – 18 Jahre – zu einem gewissen Grad willkürlich gewählt», gibt Müller zu. Aber mit diesem demokratisch legitimierten Alter seien zivilrechtliche Pflichten und die Strafmündigkeit verknüpft.
Hilft es den Linken oder der SVP?
Hinter den Forderungen von Mitte-Links stecken laut dem Jurist «machtpolitische Gründe». Ansonsten würden sie auch die Altersgrenze von Bürgerrechten und -pflichten anpassen, so der 30-Jährige.
JSVP-Präsident David Trachsel sieht Vorteile für seine Partei, sollte die Forderung durchkommen. Er verweist auf eine Tamedia-Umfrage zu den Wahlabsichten für 2023. Die jüngste Altersgruppe (18 bis 34 Jahre) ist die zweitgrösste Basis für die «Sünneli»-Partei. Trotzdem lehnt er das Stimmrechtsalter 16 ab, weil «im Jugendalter die eigene Bildung im Vordergrund stehen» soll.
Junge-Mitte-Präsident Marc Rüdisüli ist einer der grössten Befürworter des Stimmrechtsalters 16. «Die Kosten für viele Reformen, beispielsweise in der Altersvorsorge, tragen die Jungen», argumentiert er. «Es geht um Generationengerechtigkeit.»
Mit der Herabsenkung des Stimmrechtsalters müsste aber die politische Bildung gestärkt werden, glaubt Rüdisüli. Nur so könnten Jugendliche ihre Rechte aktiv nutzen und sich schlussendlich Gehör verschaffen. Der Jungen Mitte schwebt ein Pflichtfach in der Schule vor, bei dem sich auch die Jungparteien und Jugendverbände einbringen könnten.